Sattelpunkt zweiter ableitung bestimmen

Im Unterricht hat mein Lehrer mir heute folgendes Problem aufgezeigt, da ich zurzeit der einzige bin, der die Extremstellen bzw. den Sattelpunkt mittels der zweiten Ableitung bestimme. Man kann nicht immer sicher sein, dass der Trick mit der zweiten Ableitung funktioniert. Er hat es mir anhand des Beispiels von f = x^4 gezeigt. f' = 4x^3 f'' = 12x^2 Wenn ich jetzt die Nullstelle der ersten Ableitung in die zweite einsetze, dann erhalte ich folgendes f'' = 0 Folglich muss bei 0 ein Sattelpunkt vorlegen, doch in Wahrheit liegt dort ein Tiefpunkt. Wie kann das sein? Ich dachte der Trick mit der zweiten Ableitung funktioniert immer.

9 Antworten zur Frage

Bewertung: 4 von 10 mit 1442 Stimmen

Videos zum Thema
YouTube Videos

Sattelpunkt mit zweiter Ableitung bestimmen

ICh habe dich zuletzt vorgestern oder gestern in einem Kommentar darauf aufmerksam gemacht dass das nicht geht! Ebenfalls mit x^4
Warum SOLLTE dieser "Trick" denn funktionieren?
Erste und zweite Ableiitung = 0 heißt die Funktion tut dort nichts, und zeigt auch noch keine Tendenz etwas zu tun.
Wenn sie aber nicht konstant ist WIRD sie irgendwann etwas tun.
Die Frage ist nun:
Wird sie ihr Verhalten beibehalten? Dann liegt ein Sattel vor. Sie kann aber ebensogut ihr Verhalten ändern, und dann liegt ein Extremum vor.
Hier untersucht man stattdessen mittels Vorzeichenwechsel der ersten Ableitung, ob es sich um ein Extremum oder einen Wendepunkt handelt.
Wie berechnet man Extremstellen und wie Extrema?
Ich dachte der Trick mit der zweiten Ableitung funktioniert immer"
Der TRICK, das ist es.
Machen wir's mal RICHTIG. Also: gegeben ist eine analytische Funktion f:ℝ->ℝ, x->f. Es sei bekannt dass die Ableitung von f bei x=x₀ verschwindet. Frage: hat f bei x₀ ein Maximum, hat sie ein Minimum oder ist es ein Sattelpunkt?
Um das herauszufinden muss man schauen was f in der Nähe von x₀ macht. Einmal wenn man sich von links, einmal von rechts an x₀ annähert. Ist f in beiden Fällen größer als f, dann hat man ein Minimum , ist es in beiden Fällen kleiner hat man ein Maximum und wenn es unterschiedlich ist je nachdem von welcher Richtung man sich annähert dann hat man einen Sattelpunkt. Man kann das auch anders formulieren: wenn η:=f-f für x ein bischen kleiner als x₀ positiv und für x ein bischen größer als x₀ negativ ist dann hat man einen Sattelpunkt bzw. ein Minimum oder Maximum.
So, was heißt jetzt eigentlich "in der Nähe von x₀" oder "für x ein bischen kleiner als x₀"? Mathematisch exakt müsste man nun eine bestimmte ε-Umgebung finden, aber das wird meistens eklig zu rechnen. Man könnte aber sagen wir gehen auf Nummer sicher und gehen GANZ nah dran, bilden also den Grenzwert.
lim{x->x₀}x)) = lim{x->x₀}xx₀))
Das gibt aber ein Problem, denn weil f stetig ist wird dieser Grenzwert natürlich f-f = 0, das sagt uns überhaupt nichts nützliches.
Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: entweder man geht eben nicht GANZ so nah an x₀ ran, sondern sucht sich einfach einen festen Wert von z.B. x=x₀-1 bzw. x=x₀+1. Für einfache Schulaufgaben ist das oft eine gute Methode um herauszufinden ob man ein Maximum, Minimum oder Sattelpunkt hat, auch bei deinem Beispiel geht das wunderbar.
Das Blöde ist nur: man muss sicher sein dass die Funktion zwischen x und x₀ nichts gemeines anstellt, z.B. noch einen kleinen Schlenker oder so. Entweder man geht also mathematisch hin und beweist dass es in der Umgebung keine Schlenker gibt, oder.
.man macht es ganz anders. Wir haben gesehen dass lim{x->x₀}x)) null ist, aber vielleicht können wir ja diesen Grenzwert trotzdem benutzen, müssen ihn nur etwas umschreiben?
Tatsächlich können wir das. Statt η selbst zu betrachten können wir natürlich genausogut η mal irgendwas bekanntes betrachten. Bekannt ist z.B. x-x₀ und auch 1/, solange wir nicht x=x₀ setzen. Wir können uns also anschauen was
lim{x->x₀}xx-x₀))
macht. Warum ist das sinnvoll? Weil 1/ in der Nähe von x₀ ganz groß wird und so das klein werdende η quasi ein bischen kompensiert, so wollen wir verhindern dass der Grenzwert 0 wird.
Moment mal grade. schreiben wir noch mal η aus. Dann steht da
lim{x->x₀} xx₀
hey, das kommt uns doch irgendwie bekannt vor, oder? Ganz genau, es ist nichts anderes als die Ableitung von f an der Stelle x₀. Davon wissen wir "dummerweise" schon dass sie auch wieder null ist, aber wir können jetzt immer weiter machen. Betrachten wir
lim{x->x₀} xx₀²
das ist so was ähnliches wie die zweite Ableitung von f: in diesem Fall ist es sogar tatsächlich dasselbe, weil die erste Ableitung null war.
Interessant ist jetzt, ob sich das Vorzeichen dieses Grenzwerts ändert je nachdem von welcher Seite wir den Grenzwert bilden.
Naja, da hier alles stetig ist wird sich das Vorzeichen nicht ändern sofern der Grenzwert überhaupt existiert und nicht auch wieder 0 ist. Wenn der Grenzwert schon wieder 0 ist dann gehen wir halt noch eine Ableitung weiter, bis eine davon nicht mehr 0 ist. Dann wird's spannend: was hat der Vorzeichenwechse von xx₀ das Vorzeichen wechseln und man hat also einen Sattelpunkt.
Ich habe jetzt anhand dessen ein wenig im Internet recherchiert und bin auf folgendes gestoßen.
Die Methode zur Bestimmung eines Sattelpunktes mit Hilfe der zweiten Ableitung funktioniert nur, wenn die Funktion f zweimal stetig differenzierbar ist, das stimmt soweit oder irre ich mich?
Richtig. Wenn die Funktion analytisch ist (die meisten "schönen" Funktionen sind analytisch) ist sie aber automatisch beliebig oft stetig diff'bar.
Die Methode mit der zweiten Ableitung funktioniert aber eben nicht zwangsläufig immer, selbst dann wenn die Funktion analytisch ist.
Wie kann man denn herrausfinden, ob diese Methode bei der vorliegenden Funktion funktioniert oder nicht?
Wie ich es beschrieben habe: man muss solange immer weiter ableiten, bis eine der Ableitungen mal nicht null ist.
.oder bis man sieht dass ab jetzt alle weiteren Ableitungen auch null sein werden, dass passiert zwar bei Polynomen i.d.R. nicht aber ist durchaus möglich, das einfachste Beispiel ist die triviale Funktion f=0. Da sind nämlich einfach ALLE Ableitungen 0. Das bedeutet dann dass man es weder mit einem Extremum noch mit einem Sattelpunkt zu tun hat, sondern dass die Funktion an dieser Stelle eben einfach konstant ist.
Okay.
Beispiel:
f = x^4
Bei der vierten Ableitung kommt folgendes raus.
f'''' = 24
Ist ein positiver Wert, von daher kann man daraus folgern, dass es sich um einen Tiefpunkt handelt, richtig?
Genau, weil 4 eine gerade Zahl ist. Wäre das bei einer ungeradzahligen Ableitung passiert wäre es ein Sattelpunkt.
Für einen Wendepunkt muss sich das Vorzeichen von f" ändern, also eine Nullstelle von f" mit ungerader Ordnung vorliegen. Bei f" = 12x² ist dies nicht der Fall.