Warum ist ehrenamtliche arbeit schlecht organisiert
Bei der Tafel arbeiten meist 10 im Laden und mindestens noch einmal so viele hinter den Kulissen. Dagegen können Aldi oder Lidl mit einem Bruchteil des Personals viel mehr in kürzerer Zeit bedienen.
In anderen Bereichen ist es oft ähnlich. Eine Vielzahl von Helfern stehen sich oft selber im Weg und werden nicht effektiv eingesetzt.
Fehlen hier moderne Management-Methoden?
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Warum ist ehrenamtliche Arbeit oft so schlecht organisiert?
Das hat mehrere Ursachen:
1.
Ehrenamltiche sind nicht profitorientiert organisiert,
haben also als oberstes Daseinsziel nicht den Gewinn,
sondern die Hilfe und Unterstützung eines definierten Personenkreises.
Also fehlt die Effizienz.
2.
Derartige Organisationen sind auf Freiwillige angewiesen.
Und einem geschenkten Gaul.
Will heißen:
Die Helfer werden nicht weggeschickt.
3.
Es besteht kein Konkurrenzdruck. Nicht Leistung zählt, eine Einkommensquelle ist nicht in Gefahr.
Also wird nicht leistungsorientiert gearbeitet.
4.
Die Helfer stehen in keinem Abhängigkeitsverhältnis.
Sie müssen sich also nichts sagen lassen; ihr Einsatz beruht allein auf Freiwilligkeit.
Es gibt ein kaum beachtetes bzw. als solches überhaupt nur benanntes Kulturgut. Ich würde es Prozessbeherrschung nennen. Prozessbeherrschung hat unglaublich viele Facetten und ist eine sektorale, für unterschiedliche Bereiche immer aufs Neue zu erarbeitende und bewahrende Kulturleistung. Es geht im Wesentlichen um das Wissen, was wer wann wie macht. Ein paar Beispiele:
- Der Schreiner weiß genau, wie er Holz so lagert, dass seine Qualität nicht beeinträchtigt wird und es für die anstehenden Holzarbeiten leicht entnommen werden kann. Er weiß auch, wie er Holzzuschnitte so macht, dass er möglichst wenig Verschnitt hat. Ähnlich geht es dem Schneider. So machen sie aus dem Gegebenen das meiste.
- In der Automobilindustrie mit ihrer hocheffizienten just-in-time-Produktion kommt es überwiegend auf Prozessoptimierung an. Die Prozessdesigner üben und lassen üben z.B. mit Legomodellen, um herauszufinden, welche Wege Einzelteile am besten nehmen sollten, um rasch und zuverlässig dort verfügbar zu sein, wo sie benötigt werden.
- Der Bäcker zieht mit Bedacht eine Sauerteiglinie und pflegt und erhält sie, so dass er daraus immer wieder backen kann.
- Dem Kellermeister gelingt es, beim Cognac über Jahrzehnte dieselbe hohe Qualität und den gleichen Geschmack bei seinem exklusiven Produkt zu halten, weil er die Prozesse optimal beherrscht und Schwankungen einzelner Faktoren abschätzen und ausgleichen kann.
Manche nennen das Wirtschaft. Und Wettbewerb und Geldverdienen sind sicher gute Motivatoren. Ich finde, es ist aber auch ein Kulturgut. Nur durch optimale Prozessbeherrschung konnten die Ägypter eine Streitwagenmacht aufbauen. Denn runde und stabile Räder in großeer Zahl und in der erforderlichen Qualität herzustellen, ist extrem schwer. Prozessbeherrschung ermöglicht Effizienz, Qualität, Geschwindigkeit und maßvollen Ressourceneinsatz. Am Ende hilft dies dem Kunden, kann, wenn einseitig übertrieben, aber den Mitarbeiter be- und überlasten und unzufrieden machen.
Und im Ehrenamt? Auch dort gibt es viele reproduzierbare Prozesse, für die man „Qualitätssicherung“ betreiben kann. Formal tun dies z.B. Vereine, die eine Satzung und Organe haben müssen. Trotzdem ist es oft schwierig, weil die Regelungen sehr allgemein sind. Doch auch eine Essensausgabe, Hausaufhabenhilfe, Behördengänge für Flüchtlinge, Tage der offenen Tür des Segelveriens, Mitgliederversammlungen, Kinderschminken, Gitarrenunterricht oder eine Theatergruppe etc. lassen sich prozessoptimiert gestalten. Im Chor lernt man etwa nicht nur singen, sondern auch wie man s und geordnet auf der Bühne aufstellt.
Warum ist ehrenamtliche Arbeit mitunter schlecht organisiert? Ich denke, da kommen verschiedene Aspekte ins Spiel:
- relative Hierarchiefreiheit: Im Ehrenamt organisieren Menschen sich untereinander, es gibt nicht unbedingt den weisungsbefugten Chef oder klare Funktionen und strukturierte Einarbeitung. Viel wird einfach gemacht und hängt von Gutdünken der Ehrenamtler ab.
- kein übergeordnetes Prozessdesign: Im Ehrenamt werden viele ad hoc Absprachen getroffen. Es gibt keine Prozessdesigner, die jedem seine individuelle Rolle zuweisen oder diese eingreifend modifizieren, wenn sich Rahmenbedingungen ändern und der Erfolg ausbleibt.
- Wechseln die Personen, ändert sich der Prozess, weil Dinge anders gemacht werden.
- Keine Ressourcenzuverlässigkeit: das Ehrenamt lebt von denen, die sich engagieren. Fällt jemand aus oder hört jemand auf, benötigt man mehr Geld, kann es aber nicht besorgen, dann kann es schwierig werden.
Ist die ehrenamtliche Arbeit Teil der Lösung oder des Problems?
Stell dir vor der Fahrschulunterricht würde mit ehrenamtlichen Helfern organisiert. Die Schüler freuen sich, denn sie bekommen ihre Ausbildung umsonst. Aber was wird aus den bisherigen Fahrlehrern?
Ähnlich ist es mit Computerkursen. Im Grunde sind meine Kenntnisse und meine Erfahrung wertlos, denn es gibt genug ehrenamtliche Helfer.
Schönes Gedankenexperimant. Ich frage: Kann mann Fahrschulunterricht ehrenamtlich organisieren? Wer bezahlt die Anschaffung, Wartung, Versicherung, Betankung der Fahrzeuge? Wer die spezielle Fahrlehrerhaftpflichtversicherung? Wer macht das Büro? Wie wird sichergestellt, dass Fahrlehrer sagen wir 10 Stunden am Tag und 6 Tage die Woche zur Verfügung stehen?
Wenn man Spenden und Mitgliedsbeiträge dafür erwartet, die kostendeckend sind, hat man doch wieder eine kommerzielle Lösung.
Da mein Autoführerschein schon älter ist kann ich damit auch legal Motorrad fahren, ohne jede Ausbildung. Einfach draufsetzen und losfahren. Meine Ausbildung bestand aus einem Internetvideo und ein paar Proberunden auf dem Parkplatz. Vielleicht wird die Wichtigkeit der Fahrschule ja überschätzt?
Jedenfalls nehmen wir 5.000 Tote im Jahr im Straßenverkehr relativ gelassen zur Kenntnis. Man stelle sich vor, so viele Menschen würden in Deutschland im Bahn- oder Flugverkehr jährlich ums Leben kommen.
Weil bei ehrenamtlichen Tätigkeiten oftmals Laien mitwirken. Das Organisationstalent von Laien ist eben nicht das allerbeste mit beschriebenem Resultat.
Eine Veränderung dieser Situation kriegt man hin, wenn alle Mitwirkenden eine Veränderung wünschen. Das ist erst dann der Fall, wenn es von massgeblichen Stellen auch tatsächlich als Problem erkannt wird. Deine Einzelmeinung ist dazu kaum ausreichend.
Bei den Ehrenamtlichen gibt es zu viele die glauben, daß sie es können. Sie haben möglicherweise das notwendige Durchsetzungsvermögen aber nicht die eigentliche Befähigung.
Solche sind schwer auszutauschen.
Pauschal kann man das so nicht behaupten. Ich arbeite seit 15 Jahren als Ehrenamtlicher zusammen mit 8 Kollegen in einem Internetcafe, das sich speziell darum kümmert Senioren den Umgang mit PC und Co. zu vermitteln. Ich kann Dir versichern, dass wir sehr professionell, und dadurch auch sehr erfolgreich, arbeiten. Wir mussten inzwischen wegen der starken Nachfrage Wartelisten einführen
Genau das meine ich.
Zeig mir mal eine Schulklasse in der 9 Lehrer unterrichten.
Dann warte mal ab. Wenn das mit der Inklusionan in den Schulen so weiter geht, bekommen wir solcher Verhältnisse.
Alltag in einer inklusiven Schule in Berlin: Inklusion kostet: Was die GEW fordert - Schule - Berlin - Tagesspiegel
Viele ehrenamtliche Mitarbeiter übernehmen meist die Jobs von denen die dafür bezahlt werden sprich zum Beispiel viele Sozialbedagogen Betreuer und so weiter.
Bei der Tafel sind meist viele die sich gerne selbst bedienen deshalb sicherlich so viele wie in deinem Fall aber das gibt es nicht sehr oft. Ich selbst kenne das von Tafeln so gut wie gar nicht das da nichts organisiert ist. Im Gegenteil so wie ich es kenne weiß jeder blind was er zu tun hat und niemand kommt sich in die Quere.
Das letzte was die Armut gebrauchen kann ist ein gut bezahlter Manager. Dann gehts schief.
Da es dabei nicht um Gewinnmaximierung geht, sondern darum, Leuten zu helfen, fehlt der Anreiz, die Prozesse effizienter zu machen.
Aber ich denke, die ehrenamtlichen Helfer können mit betriebswirtschaftlichen Methoden nichts anfangen oder machen diese sogar für die Missstände verantwortlich.
Vielleicht sollte man den ehrenamtlichen Helfern einen Mindestlohn zahlen?
Dann würde bestimmt manches anders laufen.
Das wird doch schon oft gemacht.
Irgendwas zwischen 5,- und 6,- Euro.
Aber die Möglichkeit einer solchen Vergütung ist ja immer auch davon abhängig, von wem und in welchem Umfang und mit welchen Vorgaben die jeweilige Organisation finanziert wird.
Man könnte auch eine Art Tagespauschale einführen. Je effizienter man arbeitet, desto höher ist der effektive Stundensatz.
Schwierig bei den oftmals gemeinnützigen Trägern.
Das ist ja das Dilemma.