Führt aerobes training muskelabbau

Führt aerobes Training zu Muskelabbau?

Dann lüften wir mal das Geheimnis.
Ist aber relativ einfach, man verzeihe mir manch triviale und oberflächliche Ausführungen, geht aber manchmal nicht anders, damit man wenigstens das Grundschema versteht.
Exkurs:
Für eine körperliche Tätigkeit braucht man Energie, sprich ATP.
Der Körper besorgt sich dieses ATP, indem er zunächst aus dem Vollen schöpft, in der Hoffnung, die Belastung wird schon nicht so lange andauern, oder sie ist nicht besonders hoch. Nach einer gewissen Zeit schaltet er auf eine ökonomische Energiegewinnung um.
Grafisch sieht das so aus, wobei die Mengen- und Zeitangaben nur einen groben Anhaltspunkt liefern.
http://www.sportunterricht.de/lksport/ebereit2.gif
In den ersten Sekunden einer Belastung werden zunächst die Kreatinphospate verwendet.
Der Körper beginnt langsam mit der anaeroben Energiegewinnung. Dabei wird die benötigte Energie schnell zur Verfügung gestellt unter dem Abbau von Glukose. Die Energieausbeute ist gering, da das Zuckermolekül nicht voll zerlegt wird. Es werden 2 Moleküle ATP aus einem Molekül Glukose gewonnen.
In der nächsten Phase beginnt die aerobe Energiegewinnung dabei werden bis zu 38 Moleküle ATP aus einem Molekül Glukose gewonnen.
Aus dem folgenden Schema, welches aus der Schulzeit bekannt sein sollte, was man damals aber nicht verstanden hat, geht hervor, daß die
aerobe Energiegewinnung aus Kohlenhydraten gespeist wird,
die anaerobe aus Fettsäuren und aus Aminosäuren.
http://www.sportunterricht.de/lksport/energie5.gif
Die Skelettmuskulatur besteht aus quergestreiften und längsgestreiften Muskelfasern.
Die quergestreifte Muskulatur dient der Schnellkraft.
Das Wort Schnellkraft deutet schon an, ich benötige schnell viel Energie, womit ist klar, daß diese Muskulatur eine anaerobe Energiegewinnung und damit Kohlenhydrate verarbeitet.
Bedeutet im Klartext, desto mehr quergestreifte Muskulatur da ist, desto später oder nie muß der Körper auf die aerobe Energiegewinnung umschalten.
Ist die Belastung dauerhaft niedrig oder langsam, wird ein großer Anteil aerob, unter Zuführung von Sauerstoff gewonnen.
Dazu bedarf es der, ebenfalls aus der Schulzeit bekannten, Mitochondrien.
'Mitochondrien vermehren sich durch Teilung, wobei die Anzahl der Mitochondrien einer Zelle deren Energiebedarf angepasst werden kann.'
Quelle:Mitochondrium – Wikipedia
Sprich, wird eine dauerhaft niedrige Ausdauerleistung benötigt, wird der Anteil der aeroben Energiegewinnung gefördert, indem die Anzahl der Mitochondrien erhöht wird. Damit werden verstärkt Fettsäuren und Proteine verarbeitet.
Das hat auch auf das Hungergefühl nach dem Sport folgen. Kohlenhydrate müssen im Prinzip sofort wieder aufgefüllt werden, um beim nächsten Angriff zur Verfügung zu stehen.
Zu Deiner eigentlichen Frage:
Die Meinung, daß Muskelgewebe beim aeroben Training abgebaut wird, beruht einfach aus dem falschen Schluß, daß bei der aeroben Energiegewinnung Aminosäuren verarbeitet werden. Der Körper baut keine Muskeln ab, die belastet werden, er passt sich dagegen an, indem er die Muskulatur verstärkt.
Erst anerobes Training, dann aerobes?
Nein, nicht sinnvoll.
Wie oben geschildert, ist es ein Prozeß der abläuft. Die dauerhaft niedrige Belastung braucht man von Anfang an, damit der Vorgang überhaupt startet. Du kannst den Körper also nicht austricksen.

Mit einem sportlichen Training kann man konsequent nur einen Weg gehen. Entweder man geht mehr in Richtung Ausdauertraining und damit einer aeroben Energiegewinnung oder man geht Richtung Schnellkraft und fördert die anerobe Energiebereitstellung.
Betrachte Dir noch einmal das Ausgangsbild:
http://www.sportunterricht.de/lksport/ebereit2.gif
Durch Training verschiebst Du die Phasen, wann und wie lange eine bestimmte Energiegewinnung überwiegt.
Das hat in der Logik zur Folge, daß Du bei einem verstärkten Ausdauertraining quergestreifte Muskelmasse verlieren kannst, weil Du die einfach vernachlässigst.
Aus eigener Erfahrung ist Dir bekannt, daß es Sprinter und Ausdauertypen gibt. Es ist schlicht die Verteilung der quergestreiften und längsgestreiften Muskulatur.
Jeder kann das durch Training in gewissem Maße verändern, aber eben nicht grundlegend.
Jetzt ist entscheidend, welche Ziele verfolgt man.
Aus meiner Sicht ist es sinnvoll, solange vermehrt Ausdauersport zu betreiben, bis man sein Wunschgewicht erreicht hat. Das halte ich für ein sehr wichtiges Kriterium.
Hat man dieses Ziel erreicht und hält sein Gewicht, sollte man aus meiner persönlichen Sicht verstärkt auch mal mehr für die Schnellkraft tun, Berg hinaufsprinten, Krafttraining etc.
Also von Marathonlauf halte ich dementsprechend wenig, für die Psyche ist es wohl besser auch mal auf den Tisch hauen zu können.
Das mag aber die Sicht eines Sprinters sein.
Wichtige sportliche Ziele sind übrigens auch Beweglichkeit und Koordinationsfähigkeit, scheint aber derzeit im Gesundheitsbusiness etwas zurückgedrängt zu sein.
Ich hoffe, die Ausführungen haben Dir geholfen.
Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Hier noch zwei Links, wird aber manchmal etwas verwirrend dargestellt.
Anaerobe und aerobe Ausdauerleistungen
Anaerobe Schwelle – Wikipedia

WOW!
Du glaubst gar nicht wie sehr Du mit dieser Antwort geholfen hast! Ich habe erstmal den Text gelesen, und werde mir nun die Links anschauen und weiter verfolgen. Auf jeden Fall hat die Antwort nicht nur ein TOP verdient, schade das es nicht noch ein SUPER-TOP gibt.
Ich melde mich dazu bei Dir nochmal. , dass Du Dir die Zeit für eine derart ausführliche und toll erklärte Antwort genommen hast

Gerne, soll doch nicht nur Blödsinn hier sein

Würde mich auch interessieren, dachte auch immer an die Theorie mit den 30 Min. Kohlenhydrate und dann Fett! Daher auch immer 60 Min. Crosstrainer Vielleicht werde ich deshalb immer dicker

Das interessiert mich aber auch. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass man durch 30 Minuten radeln Muskeln abbaut. Oder habe ich da was falsch verstanden?

Der "Trainer" hat schlicht keine Ahnung. Bei jedem Training werden Muskeln abgebaut. Die Muskeln werden dann aber während der Erholungsphase wieder aufgebaut, und zwar leistungsfähiger.
Ob aerobes Training falsch ist, hängt davon ab, was überhaupt trainiert werden soll.

Also ganz normal 60-90 min. Crosstrainer bei 130er Puls oder was?

45 Min Crosstrainer reichen völlig.
Dafür aber nach Möglichkeit jeden Tag.
130 ist Richtwert, exakt ist knapp unterhalb der aneroben Schwelle.
Aber alle Werte unter 130 sind gut,
wenn Du beim Laufen unter 100 kommst, ist das aber auch ok.
Wichtig ist, daß die Muskeln mit geringer Belastung bewegt werden.
Aber auch deutlich über 130 ist ok, das kann durchaus sein, daß jemand zunächst mit dem Puls nicht runterkommt.
Dann führt das anerobe Training dazu, daß sich das herz-Kreislauf-System mit der Zeit verbessert und so eben später mit einem niedrigen Puls gelaufen werden kann.
Wichtig ist dabei nur, daß sich nicht jemand falsche Ziele setzt, also eine bestimmte Strecke immer schneller zu laufen. Das kommt schon automatisch.
Ziel muß es sein, mit immer niedrigerem Puls zu laufen, bis der aerobe Bereich erreicht ist.
Das dauert dann eben länger, ist dann eine Vorstufe.

Viel sinnvoller ist es als 60 oder 90 Min zu laufen, die Zeit für die Beweglichkeit und die Koordination zu nutzen.

Demnos gehörte auch zu diesen brutalen, ungerechten und unfairen Lycos-Moderatoren.