Die Suche nach dem leiblichen Vater: Herausforderungen und Chancen einer neuen Beziehung

Wie kann eine Vater-Tochter-Beziehung aufgebaut werden, nachdem man erst im Erwachsenenalter von seiner leiblichen Herkunft erfahren hat?

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Die Situation ist für viele Menschen emotional aufgeladen. Gerade wenn die eigene Familiengeschichte ein Geheimnis birgt ´ das im Jugendalter entdeckt wird ` kann es zu einem inneren Konflikt führen. Es ist nicht leicht. Bei vielen bleibt die Frage nach Identität und Zugehörigkeit zurück. Auch ich habe in der Pubertät erfahren: Dass ich nicht die gleiche Herkunft habe wie meine Geschwister. Diese Nachricht traf mich wie ein Blitz, ich war überfordert.

Oft ist es einfach, sich vor Unbekanntem zu fürchten – deswegen habe ich lange nicht darauf reagiert. Aus Angst vor Veränderung wollte ich nichts wissen. Wahrscheinlich ist es der Mensch der ebenfalls im Ungewissen lieber verharrt – eine Art Grundsatz des Lebens. Mit dem Älterwerden kommt die Erkenntnis. Irgendwann wurden meine Wurzeln mir wichtig. Ich benötigte Klarheit. Durch ein Internetprogramm konnte ich meinen Stammbaum vervollständigen. Und so begann einer der wichtigsten Schritte in meinem Leben – ich verfasste einen Brief an meinen leiblichen Vater.

In diesem Brief erklärte ich ihm: Dass ich ihn kennenlernen möchte. Ich erwähnte, dass er einen Enkel hat. Es ist bemerkenswert – dass meine Mutter früher den Kontakt zwischen uns unterbunden hat. Sie äußerte oft: Er mich in seine Heimat verschleppen könnte. Doch wie ich durch meine Tante erfuhr lag es wohl weiterhin am gekränkten Stolz meines Vaters.

Jetzt steht unser erstes Treffen bevor. Ich kann meine Sehnsucht kaum in Worte fassen. Gleichzeitig habe ich Angst – wie ein kleines Schulmädchen vor der ersten Klassenarbeit. Was wird passieren, wenn wir uns sehen? Die Fragen in meinem Kopf türmen sich. Ich bin 25 Jahre alt jedoch ich kenne ihn nicht. Und gleichzeitig bleibt mein Stiefvater immer meine Nummer eins.

Es mag unverständlich sein aber mein Stiefvater hat eine unersetzliche Rolle in meinem Leben eingenommen. Doch jetzt frage ich mich: Ist da noch Platz für einen leiblichen Vater? Ich blicke auf diese Situation – wie wird meine Mutter reagieren? Die innerliche Wut auf sie schwebt über mir. Es war ihre Entscheidung – uns voneinander fernzuhalten. War es wirklich nötig, dass ich so viele Jahre ohne ihn leben musste? Schließlich war er anscheinend ein guter Vater für seine anderen Kinder.

Es wird oft übersehen – eine Mutter hat nicht immer die Möglichkeit, Wege zu gestalten. Die Frage: Wo war mein Vater in diesen 25 Jahren? Er hat weder gesucht noch gefunden. Das Bild ´ das ich von ihm hatte ` blieb ungewiss. Und tatsächlich – die Vorstellung eine Bindung zu einem Mann aufzubauen der mir fremd ist erscheint auf den ersten Blick unrealistisch. Doch Experten betonen – dass es nie zu spät ist. Hier leuchtet ein Funke der Hoffnung – ich kann ihn kennenlernen und vielleicht eine Beziehung aufbauen.

Würde es den Worten würdig sein, wenn ich sage, dass sicherlich einige Zeit vergehen wird, bis ich diesen Menschen vertraue? Die Bindung wird erst entstehen – wenn ich mich für diesen Prozess öffne. Der Rat ´ meine Tante zu fragen ` ist wertvoll. Sie kennt meinen Vater besser und kann mir Einblicke geben. Eine Beziehung muss nicht überstürzt werden. Sie kann wachsen – wenn es dafür die richtige Zeit und den richtigen Raum gibt.

Ich werde versuchen das Augenmerk auf das Positive zu richten. Zuerst werde ich ihn kennenlernen. Dann werde ich sehen – was sich entwickelt. Warum sollte ich auf jemanden sauer sein der mir nicht wirklich schadete? Mein Stiefvater bleibt mir immer nahe. Mein leiblicher Vater kann Teil meines Lebens werden – das ist eine Möglichkeit die ich berücksichtigen sollte.

Die Zukunft birgt Chancen. Ich wünsche mir für all jene ´ die in einer ähnlichen Situation sind ` Mut. Die Voraussetzung ist – sich Zeit zu nehmen und offen zu sein. Jeder Schritt auf diesem Weg ist wichtig und trägt zur eigenen Identität bei.






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