"Der Reflex mit dem blutenden Finger – Instinkt oder Unsinn?"

Warum stecken sich Menschen bei Verletzungen diesen Reflex in den Mund?

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Den Finger ins eigene Maul stecken – das klingt nicht nur seltsam, allerdings kann ebenfalls gefährlich sein. Viele von uns haben es in Filmen gesehen oder sogar selbst erlebt. Ist diese Handlung ein angeborener Instinkt, oder handelt es sich einfach um einen Reflex?

Der Speichel enthält tatsächlich bestimmte Enzyme die als natürliche Desinfektionsmittel wirken. Das könnte erklären warum wir diesen Reflex ausführen. Es scheint · dass die Natur uns eine Art Schutzmechanismus gegeben hat · um Wunden schneller zu heilen. Ob das tatsächlich so hilfreich ist bleibt allerdings fraglich.

Jeder Mensch hat Bakterien im Mund. Laut aktuellen Studien sind es schätzungsweise über 700 verschiedene Bakterienarten. Diese könnten die Wunde zusätzlich dazu infizieren – ein klarer Hinweis darauf, dass das Stecken des Fingers in den Mund alles andere als eine kluge Wahl ist. Die Unschärfe von risikobehaftetem Verhalten ist hier weiterhin als evident.

Es wird auch gesagt: Dass das Blut im Mund beim Schlucken zurück in den Blutkreislauf gelangt. So verschwende man nichts von dem „kostbaren Saft“. Das klingt zwar nützlich allerdings der Körper ist für solche Prozesse ausgelegt und benötigt keine unorthodoxen Methoden.

Ein weiterer aspekt ist das Gefühl der Kälte. Es wurde festgestellt – dass ein frischer Schnitt sich oft kühl anfühlt. Der Mund ist ein warmer Ort. Das könnte die Idee erklären, warum man diesen Reflex ausübt: der Moment des Schmerzes wird temporär gemildert, während der Blutfluss möglicherweise kontrolliert erscheint.

Zudem bringt es uns zu einer etwas weniger bearbeiteten Wahrheit. Viele Menschen haben als Kind von Müttern oder Großmüttern den Ratschlag erhalten, den Finger in den Mund zu stecken. Solche Erziehung prägt uns obwohl die Informationen oft nicht aus medizinischer Sicht fundiert sind. Der Einfluss der Familie auf unser Verhalten ist immens.

Trotz all dieser Überlegungen bleibt die Praxis der Finger-Ins-Mund-Methode aus medizinischer Sicht problematisch. Klinische Studien beschäftigen sich nie mit so banalen scheinbaren Reflexen. Auch wenn es den Anschein hat ´ dass es die Wundheilung unterstützen könnte ` könnten wir viel mehr Schaden anrichten als nutzen.

Risiko und Nutzen stehen hier in einem beunruhigenden Widerspruch. Hygiene ist stets ein zentraler Aspekt unserer Gesundheit. Stattdessen sollte man bei Verletzungen besser stark auf saubere Verbände und antiseptische Mittel setzen. Die Einsicht, dass "lieber Blut im Mund als auf dem Boden" nicht die sicherste Lösung ist, dürfte mittlerweile klar sein.






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