Juristische bewertung vorgetäuschter stellenausschreibung

In einigen Branchen -isnbesondere bei Strukturvertrieben - gibt es eine üble Masche: Dort werden Arbeitsstellen für sozialversicherungspflichtige Bürotätigkeiten ausgeschrieben, die überhaupt nicht vorhanden sind. Springt jemand darauf an, wird ihm im Vorstellungsgespräch nicht mitgeteilt, dass es sich nicht um eine sozialverischerungspflichtige Abgestelltentätigkeit handelt, sondern es wird mit blunigen Versprechen weiter geködert zur Firmenpräsentation, Schulung etc. Das Anbieten einer gar nicht vorhandenen Arbeitsstelle ist unseriös aber ist es auch arbeitsrechtlich oder überhaupt rechtlich zu fassen. Antwort bitte mit Anspruchsgrundlagen und super wäre natürlich auch Urteilsverweise.

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Juristische Bewertung vorgetäuschter Stellenausschreibung

Strafrechtlich wäre es Betrug, wenn der Bewerber durch das Vortäuschen falscher Tatsachen einen Vermögensverlust erleidet, z.B. dadurch, dass er dem vermeintlichen Arbeitgeber Geld bezahlt, z.B. für den Kauf überteuerter Schulungsunterlagen oder ähnliches.
Rechtsgrundlage ist § 263 StGB:
StGB - Einzelnorm
Zivilrechtlich könnte der Bewerber ggf. abgegebene Willenserklärungen, wie z.B. einen Vertragsschluss, wegen arglistiger Täuschung anfechten.
Rechtsgrundlage ist § 123 BGB:
BGB - Einzelnorm
Um Ansprüche aus dem Arbeitsrecht herzuleiten, müsste vermutlich erst ein Arbeitsvertrag geschlossen werden, was hier ja gerade nicht der Fall ist.
Ein Urteil zu einem solchen Fall habe ich nicht.
Zabrov
. Ich will Dir kurz ein paar Zeilen vorstellen, die den Sachverhalt anders bewerten. Dabei hat mich insbesondere der Bezug zum Wettbewerbsrecht irritiert und die Ausführungen zum Schutzgesetz, weil mit nicht ansatzweise die Rechtsgrundlage geläufig ist
Sittenwidriges Rechtsgeschäft finde ich ein interessanten Ansatz aber weshalb sollten dann nur Fahrkosten etc. ersetzt werden und nicht wie beim AGG mit 3 Monatsgehältern eine empfindliche Strafe?
Hier die Ausfürhungen:
Kein Betrug, da die Tatbestandsmerkmale für § 263 StGB nicht gegeben sind.
Der „Arbeitgeber“ hat den Job gar nicht, den er ausgeschrieben hat, er kann also folglich auch keine Vertrag anbieten.
Es ist auch noch kein Vertrag zwischen den beiden Parteien zustande gekommen, folglich auch nix mit AGG oder Schadenersatz.
Der Ansatz sieht so aus:
1. Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht
2. Verstoß gegen Schutzgesetz u./o. Verletzung eines Rechtsguts im Rahmen einer unerlaubten Handlung im Sinne des BGB
3. Sittenwidriges Rechtsgeschäft § 138 BGB
In Folge dessen:
Anspruch auf Schadenersatz, Meldung bei den zuständigen Behörden.
Sollte sich der Verdacht erhärten so hätte dies die Konsequenz, dass er seine Vermittlertätigkeit nicht weiter ausüben kann, da die Erlaubnis nach § 34d GewO entzogen wird…Ende der Fahnenstange
zu 1.: Ein Verstoß gegen das UWG könnte dadurch gegeben sein, dass alle Strukturvertriebe auf Handelsvertreter angewiesen sind, um ihren Absatz zu steigern. Die Mitbewerber, die aber offen und ehrlich um Handelsvertreter buhlen, haben weniger Chancen, einen zu bekommen.
Das Anwerben der Mitarbeiter könnte man so als Wettbewerbshandlung i.S.d. § 2 1. UWG auslegen.
Schadenersatzansprüche bzw. Unterlassungsansprüche hätten dann aber nur die Wettbewerber, nicht aber der getäuschte Arbeitsuchende.
Natürlich kann er das z.B. der IHK melden, die dann gegen den Anbieter vorgeht und sich damit quasi rächen, aber das UWG bietet hier meines Erachtens keine Anspruchsgrundlage für den Arbeitsuchenden.
zu 2.: Hier wäre interessant, welches Schutzgesetz konkret gemeint ist. Als deliktische Anspruchsgrundlage kämen neben § 823 BGB insbesondere auch § 823 und § 826 BGB in Betracht.
Beim 823 habe ich ein bisschen das Problem, die haftungsausfüllende Kausalität für den Eintritt des Schadens zu sehen. Hätte sich der Arbeitsuchende auf keinen Fall beworben, wenn er gewusst hätte, dass es kein Angestelltenverhältnis ist? Wenn tatsächlich gar kein Arbeitsverhältnis bzw. gar keine Verdienstmöglichkeit angeboten wird, dann sähe es günstiger aus. Aber irgendwas will ja der vermeintliche Arbeitgeber schon anbieten, denn sonst ließe er den Bewerber ja nicht kommen.
zu 3.: Wie bei der schon erwähnten Anfechtungsmöglichkeit nach § 123 BGB könnte natürlich auch ein Rechtsgeschäft wegen Sittenwidrigkeit nichtig sein. Man müsste sich fragen, welches Rechtsgeschäft hier zustande gekommen ist, das nun nichtig wäre. Ist irgendein Vertrag über irgendetwas geschlossen worden?
Noch ein Punkt 4. fällt mir ein: Anders als die deliktischen Anspruchgrundlagen könnte man auch noch culpa in contrahendo annehmen 21. Voraussetzung: Anbahnung eines konkreten Vertrags. Problem hier: Wie konkret ist der mögliche Vertrag? Es gilt nämlich auch, dass die Kosten, die jemand nur in Erwartung eines Vertragsschlusses aufwendet, der dann nicht stattfindet, sein eigenes Risiko sind.
Insgesamt ein interessanter Fall. Meine Ausführungen sind aber nicht viel mehr als spontane Einfälle. Um das genau zu beurteilen, müsste man jetzt die Fachliteratur wälzen.
Vielleicht hat ja noch jemand anderes eine Idee dazu.
Zabrow, na offensichtlich habe cih nur Deine Mithilfe. Die ist aber klasse.
Bei Deinen Ausführungen zu Punkt 4, würden ja nur die Kosten betroffen seien, da regelt es sich ja bereits. Der Arbeitgeber hat die Kosten zu erstatten, es sei denn, er vereinbart einen Vorstellungstermin unter ausdrücklichen Ausschluss der Kosten.
Es geht mit hier eher um eine AGG-ähnliche Anspruchsgrundlage, die also eine Entschädigung auch ohne Vertrag bereits in der Vertragsanbahnung in Höhe von zum Beispiel 3 Monatsgehältern ermöglicht.
Aber da scheint sich nichts auf zu tun. Wäre wahrscheinlich eine schöne Nebentätigkeit von Abmahnanwälten.


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