Heutigen praxis rituale eintritt welt erwachsenen

Bei unser körperlichen Geburt finden sich eine Menge Rituale.Da ist ja auch was tolles geschehen.Ich bin "incorporiert". Gut so. Mir fehlt etwas entsprechendes, wenn wir unsere Kindersphäre verlassen und dann vom Jugendlichen zum Erwachsenen werden. Das bedeutet: Ich habe nicht mehr den Anspruch, dass andere meine Welt im wesentlichen regeln. I c h bestimme jetzt mein Handeln und ich übernehme auch die Verantwortung für m e i n H a n d e l n. Für diese einschneidende Zäsur im Leben eines jeden Menschen gab es früher in vielen Kulturen ganz besondere Rituale. Es wurden ganze Dörfer gebaut, in die die Jugendlichen von geschulten Erwachsenen gebracht wurden. Dort wurden sie sogar auch Gefahren ausgesetzt, die bis in die reale Todesnähe führten. Wenn sie dann nach einer Zeit der Bewährung zurückkamen, dann hatten inzwischen die Eltern in voller Hingabe an den Schmerz den Tod ihrer Kinder betrauert und begrüßten die Rückkehrer als neue gleichberechhtigte Mitglieder ihrer Gemeinschaft. In anderen Ritualen kamen auch die Verletzungen der Haut zum Tragen. Ich durfte einer Zeremonie in der Türkei selbst beiwohnen. Der Vater des Jungen hatte im Wald einen passenden Baum ausgesucht. Noch jung genug, um den Stamm zu spalten. Der Sohn mußte sich ausziehen und sich durch den gespaltenen Stamm hindurchwinden. Hinterher wurde der Stamm wieder zusammengebunden und der Vater bedankte sich beim Baum für die Mitwirkung. Auf die blutigen Striemen hinterher war der Sohn mit Recht ganz stolz. Er war jetzt ein Mann. Wo finden wir heute noch solche tatsächlich gelebten Rituale? Ja, Kommunion, Konfirmation, Jugendweihe, die gibt es, aber ich habe zu häufig erlebt, dass sie vorgenommen werden aber ohne wirkliches Leben sind. Die dazu überreichten Geschenke waren für die Jugendlichen das Wichtigste. Liegt das Fehlen der Rituale daran, dass wir so wenige Erwachsene haben oder fehlen uns die Erwachsenen, weil wir keine Rituale mehr haben?

10 Antworten zur Frage

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Gibt es in unserer heutigen Praxis Rituale für den Eintritt in die Welt der Erwachsenen?

Ja, bedauerlicher Weise gibt es in unserer Gesellschaft keine echten Initiationsriten mehr, zumindest weiss ich von keinen. Und dabei sind sie so wichtig. Ein Teil der mangelnden Reife unserer Gesellschaft mag wohl hierin begründet sein. Die Überbleibsel wie Kommunion, Konfirmation oder Jugendweihe, habe in der Hinsicht keine Ersatzfunktion, da ihnen das echte Ritual fehlt.
Die Verunsicherung des Männer- bzw. Frauenbildes ist auch ein Ausdruck dieses Mangels. Der Übergang vom Jugendlichen in das Erwachsen sein ist ein notwendiger Schritt in die Eigenverantwortlichkeit. Dieser Schritt ist sowohl bei Jungen, wie bei Mädchen wichtig. Bei Jungen hat er noch eine zusätzliche Bedeutung, da der Junge sich aus der Mutterwelt , die für ihn die Geborgenheit, die Zuwendung, etc. bedeutete, herauslösen muss, um in der Männerwelt ankommen zu können.
Bei Mädchen ist der Ablöseprozess von der eigenen Mutter genauso wichtig, jedoch wird hier ein Übergang von Mutterwelt in die Frauenwelt vollzogen, der gleichzeitig der Eintritt wieder in die Mutterwelt darstellt. Die Mutterwelt ist schön symbolisiert durch das "heimische Herdfeuer", das die Nahrung, die Wärme und Geborgenheit darstellt.
Die kleinen Helden , die hinausziehen, um ihre Abenteuer zu bestehen, zu wachsen und zu reifen, brauchen dabei immer das Archetypisch-Mütterliche, um die Sicherheit und den Rückzug zu finden. Wenn diese Sicherheit verlustig geht, ist es bitter bestellt um die kleinen Helden. Ihnen fehlt die Erfahrung der Sicherheit und das prägt dann ihr Leben. Wenn ich mich in unserer Gesellschaft umsehe, sehe ich kaum noch diese heimischen Herdfeuer, an die die kleinen Helden zurückkehren können. Sie sind viellfach erloschen, oft einem Zeitgeist geopfert. -Und gleichzeitig, es gibt sie immer noch-
Wenn also keine echte Ablösung aus der kindlichen Welt geschieht, laufen wir unser Leben lang mit einer Nabelschnur herum, die wir immer wieder versuchen, bei anderen einzustöpseln, um das zu bekommen, was wir zu Hause nicht bekamen. Diese Nabelschnurstöpsler sind übrigens die modernen Vampire. Außerdem wird es mir mißlingen, meine eigene männliche, bzw. weibliche Kraft in ihre Fülle zu entdecken. Die Gefahr ist groß, dass die Kraft kompensatorisch gelebt wird. Die Männer sind keine Männer mehr, die Frauen keine Frauen, Männer werden immer weiblicher, Frauen immer männlicher.
Schade doch, wo wir so viel spannendes, ergänzendes in der Begegnung miteinander erfahren könnten.
Rituale sind keine Mutproben, auch wenn sie manches mal den Mut erproben. Echte Rituale ermöglichen uns, in einem geschützten Rahmen Wandlungen zu vollziehen.
Deine Idee, die Eheschliessung wieder mit einem echten rituelle Rahmen zu beleben, wäre für viele, die diesen Schritt machen, bzw. wagen, sicherlich eine große Hilfe.
Die Idee gefällt mir, je mehr ich darüber nachdenke, immer besser. Ich glaube sogar, dass es für viele Ehen auch sehr hilfreich sein könnte, dieses Ritual nachzuholen, um erst wirklich in dem anzugelangen, was Ehe bedeutet, oder bedeuten kann. für die Nachfrage, ich werde den Gedanken weiterbewegen.
maeeutix, Du hst meine Gedanken gut aufgenommen und erweitert. Ja, "echte Rituale ermöglichen uns in einem geschützten Rahmen Wandlungen zu vollziehen" und das macht die restlichen noch vorhandenen religiösen Rituale so folgenlos. Vielleicht könnte die Eheschliessung noch zu einem solchen Ritual wiederbelebt werden, Was meinst Du?
Grundsätzlich muß ich dir zustimmen, dass unsere Gesellschaft rituell unterentwickelt ist. Viele schöne alte Bräuche sind leider verlorengegangen.
Was die sog. Initiationsriten anbelangt, so gibt es neben Konfirmation und Jugendweihe auch viele inoffizielle Bräuche, wie z.B. Mutproben in Jugendgruppen, die leider oft in Gewalt- und Ekelrituale ausarten.
Bei Wikipedia habe ich einige lustige Auflistung von Ausbildungsinitiationsriten gefunden, wie sie in vielen Berufen auf Kosten des Auszubildenden üblich sind:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ausbildungsinitiationsritus
yoyo, die Sache mit den Ausbildungsritualen verspricht mir mindestens in einer Richtung noch weiteres Nachdenken.
In der Schweiz konnte der Wehrdienst für junge Männer lange Zeit als Ritual herhalten - man war auf sich alleine gestellt und hatte allerlei Aufgaben zu erfüllen, die erwachsenen Männern vorbehalten sind.
Doch mittlerweile verweigert sich ein grosser Teil der jungen Männer diesem Dienst. Die Gründe liegen nicht im ethischen Bereich, sondern schlicht in ihrer Bequemlichkeit.
Frauen brauchen ein solches Ritual weniger - sie machen schlieslich die Incorporation durch, wenn sie ein Kind gebären.
Ich teile die Meinung des Fragestellers, dass das Fehlen von Ritualen darauf hindeutet, dass die Bestimmung über das eigene Handeln bzw. die Verantwortung dafür mehr und mehr verweigert wird. Ein Ritual kann Erwachsene nicht kreieren - aber es markiert das Bedürfnis einer Gesellschaft, diese Verantwortung an reife Individuen zu übergeben.
Hallo und Weee; die Bundeswehr könnte eigentlich auch bei uns so etwas bewirken, aber das Gegenteil ist der Fall. Der Rekrut lernt zuerst einmal wieder Befehlen von Autoritäten zu gehorchen und nicht Eigenveranztwortung. Je mehr ein Neuling auf eigener Meinung besteht, um sehr mehr Druck wird erzeugt,damit er sich der speziellen Gruppennorm anpasst, um besser funktionieren zu können. Eigentlich schade so eine verpasste Gelegenheit.
Irre! Für mich gab´s da schon so Geschichten. Wenn einem der Initiationsritus nicht von außen vorgegeben wird, dann sucht man sich halt selbst einen. Ganz arg krass , war dann der Tod meiner Eltern. Das war ja genau das Irre! Bei mir war das wohl so, - denk ich grad als Aha-Erlebnis - dass die Initiation eigentlich eben erst da so richtig stattfand.
Vielleicht kann so ein einschneidendes Ritual, wie oben beschrieben, da helfen? Es ist ja auch für die Eltern ein äußeres Zeichen *Signal*, das es ihnen dann leichter macht, ihre Kinder dann wirklich wie erwachsene, gleichrangige Menschen zu behandeln?
Ich habe einmal von einem Volk auf Neu-Guinea gelesen, bei denen die Jungen, wenn sie in die Welt der Erwachsenen aufgenommen werden, des Nachts ihren Müttern "geraubt" werden, dann ihr eigenes Grab schaufeln und sich hineinlegen müssen, um dann in einer Art Wiedergeburt in die Erwachsenenwelt zu gelangen. Für die Mädchen gab es ein ähnliches Ritual, dass sich aber um die Menarche drehte.
Der Tod in seiner Symbolik heißt ja: es kommt eine Ende, um einen neuen Anfang zu schaffen, bzw. zu ermöglichen.
Dein Erlebtes kann ich nur bestätigen. Das Leben ist so wunderbar, dass es uns mitunter sogar in diese rituellen Übergänge hineinzwingt. Das heißt für mich, das dieser Übergang, der vom Leben "erzwungen" wird, eine absolute Notwendigkeit für die eigene Reife darstellt.
Wird ein Mensch 'erwachsen', weil er aus Gruppenzwang an einem uraltem archaischen Ritual teilnimmt? Du definierst 'erwachsen' durch Selbstbestimmung und Verantwortungsbewusstsein gegenüber sich selbst und anderen. Da stimme ich vollkommen mit Dir überein. Nur was hat das mit Ritualen (Deine Beispiele sind ja auch eher 'Mannbarkeitsprüfungen'/'Mutproben') zu tun.
Erwachsen wird man nicht durch Teilnahme an einem Ritual. Diese markieren höchstens die Aufnahme in eine neue Gesellschaftsschicht, in der nun andere Erwartungen an den Betreffenden gestellt werden.
Erwachsen wird man durch Anforderungen im eigenem Umfeld und durch Erfahrungen. Das kommt bei dem Einen früher, bei dem Anderen später und bei manchen nie.
Ob HennesVII recht hat? Rituale bringen nix? Warum haben dann die Menschen sowas allenthalben entwickelt? Aus primiefer Unaufgeklärtheit? Vielleicht ist das zu einfach. Vielleicht hilft so ein Brauchtum, den neuen Lebenszeitabschnitt gefühlsmäßig besser annehmen *realisieren* zu können