Wie werden juristisch straftatbestände schwere körperverletzung versuchter totschlag mord einander abgegrenzt

Welche "Qualität" oder "Quantität" muss ein Delikt juristisch gesehen aufweisen, um unter eines der drei Straftatbestände gefasst zu werden?

3 Antworten zur Frage

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Wie werden juristisch die Straftatbestände schwere Körperverletzung, versuchter Totschlag und versuchter Mord von einander abgegrenzt?

Die Frage ist juristisch einmal leicht beantwortet, auf der anderen Seite doch schwer, da sie einiges an Kenntnissen von strafrechtlicher Dogmatik voraussetzt. Ich werde mich an einer einfach verständlichen Erklärung versuchen, die einige dogmatische Erklärungen voraussetzt.
Zunächst musst Du wissen, dass wir einen dreistufigen Verbrechensaufbau haben. Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld. Hier entscheidend ist die Tatbestandsebene. Diese lässt sich nochmals in objektiven und subjektiven Tatbestand aufspalten. Objektiver Tatbestand meint die Tatmerkmale, wie sie in der Norm stehen. Subjektiver Tatbestand bedeutet Vorsatz.
Der Versuch eines Delikts liegt dann vor, wenn der Täter eine Tat will und zu dieser ansetzt, aber den objektiven Tatbestand nicht erfüllt. Die Versuchsstrafbarkeit regelt §§ 22, 23 StGB. Da alle von dir angefragten Tatbestände Verbrechen sind , ist auch bei allen der Versuch strafbar.
Jetzt habe ich erstmal den dogmatischen Unterschied zwischen Versuch und Vollendung der Tat erklärt. Das ist zum Verständnis für die Unterscheidung zwischen versuchtem Mord und versuchtem Totschlag notwendig.
Der Unterschied zwischen § 211 und § 212 wurde oben schon angerissen. Es kommt darauf an, ob die Mordmerkmale des § 211 II vorliegen. Um das am Beispiel zu verdeutlichen: T will O erschießen, um sein Geld zu nehmen: Mordmerkmal Habgier - weil daneben geschossen: nur Versuch; T will O einfach so erschießen, schießt aber daneben: §§ 212, 22, 23.
§ 226 ist eine sog. Erfolgsqualifikation zu § 223. Wer eine Körperverletzung begeht und dabei (als "Erfolg", deshalb Erfolgsqualifikationz.B. Verlust des Sehvermögens) herbeiführt, hat nicht nur eine "nirmale" Körperverletzung begangen, sondern eben eine schwere.
Dabei können die geschilderten Delikte durchaus kumulativ vorkommen. Um beim Beispiel zu bleiben: T schießt auf O, um ihn zu erschießen, da er sein Geld zu sich nehmen will, trifft aber nur sein Bein, das amputiert werden muss: Strafbarkeit wegen versuchten Mordes und vollendeter schwerer Körperverletzung - wie die zusammen erfüllten Delikte in Relation stehen, ist eine Frage der Konkurrenzen, die für die Strafzumessung von Bedeutung ist.
Um diese doch recht lange Erklärung nochmal zusammenzufassen und auf deine Frage nach "Qualität" und "Quantität" einzugehen:
Quantität als Kriterium ist dem Strafrecht eigentlich fremd. Qualitative Unterschiede zwischen Totschlag und Mord liegen in den Mordmerkmalen. Ob Vollendung oder Versuch vorliegt, hängt davon ab, ob der Tatbestad verwirklicht wurde. Körperverletzung ist erstmal eine andere Deliktskategorie, die aber durchaus mit einem Tötungsversuch zusammen vorliegen kann.
Wenn Du noch fragen hast, kannst Du die gerne stellen. Es wäre allerdings nett, wenn Du deine Frage etwas konkretisieren könntest, sonst muss ich hier noch den gesamten allgemeinen Teil des StGB erklären. Solltest Du auf die Idee kommen, etwas zum Versuch erfolgsqualifizierter Delikte zu erfahren, würde ich dich sogar glatt auf einschlägige Lehrbücher verweisen. Das ist nämlich sehr kompliziert.
1. StGB
wenn ich mich noch recht an meinen Rechtsunterricht zurückerinnern kann, grenzen sich Mord und Totschlag durch das Vorhandensein des Vorsatzes ab. Mord wäre sozusagen vorsetzlicher Todschlag.
Zur schweren Körperverletzung muss ich Wikipedia bemühen:
Schwere Körperverletzung
Die "schwere Körperverletzung" nach § 226 StGB stellt einen Tatbestand dar, wobei es hier im Gegensatz zur "gefährlichen Körperverletzung" nicht um die Art und Weise der Begehung, sondern um Ausmaß und Erfolg der Tathandlung geht. Der Tatbestand nach Absatz 1 ist eine Erfolgsqualifikation, der Tatbestand nach Absatz 2 ist eine echte Qualifikation. Die genannten Folgen nach Abs. 1 müssen gemäß § 18 StGB wenigstens fahrlässig herbeigeführt worden sein:
Hat die Körperverletzung zur Folge, dass die verletzte Person
1. das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert,
2. ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder
3. in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
Das was chief_of_staff über Mord und Totschlag schreibt ist definitiv falsch. Sowohl Mord als auch Totschlag setzen einen Vorsatz voraus. Wenn kein Vorsatz vorlieg kann es sich lediglich um fahrlässige Tötung handeln.
Der Unterschied zwischen Mord und Totschlag ist, dass für einen Mord eines der sogenannten Mordmotive vorliegen muss. Dies sind Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier oder sonstige niedrige Beweggründ, Heimtücke oder Grausamkeit oder die Nutzung gemeingefährlicher Mittel oder das Ziel eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken. Die selben Merkmale unterscheiden natürlich auch versuchten Mord und versuchten Totschlag.
Schwere Körperverletzung hat eigentlich nicht direkt etwas mit versuchtem Mord oder versuchtem Totschlag zu tun: Man kann sowohl eine schwere Körperverletzung begehen ohne einen Mord oder Totschlag zu versuchen, als auch umgekehrt, aber es können natürlich auch beide Tatbestände vorliegen.
Wie oben richtig beschrieben liegt eine schwere Körperverletzung bei bestimmten erzielten Verletzungen vor, auch nachzulesen §226 StGB.
Bei einer schweren Körperverletzung kommt es also auf die Quantität der tatsächlichen Verletzungen an, bei der Frage ob ein versuchter Totschlag oder gar Mord vorliegt auf die Qualität des Motivs.