Behörden schadensersatz langsamer bearbeitung leisten

Der BGH hat gestern eine bemerkenswerte Entscheidung getroffen, die besagt, dass der Staat haftbar gemacht werden kann, wenn Bürgern Unkosten durch die verschleppende Bearbeitung von Anträgen durch Behörden entstehen. In dem Fall ging es um eine 450.000 € Klage gegen das Land Schleswig-Holstein wegen verzögerter Grundbucheintragung für ein Wohnprojekt. Aber was bedeutet dieses Urteil? Heißt das, dass alle Bürger das gleiche Recht haben? Auch Arbeitslose, die wegen Pannen im Computerprogramm ihr Geld verspätet erhalten? Oder Arbeitnehmer, die ewig auf Lohnsteuerrückzahlungen vom Finanzamt warten müssen? Oder Schwerkranke, die auf die Anerkennung ihrer Behinderung warten? Oder gilt diese Entscheidung nur für Extrawürste wie Großgrundbesitzer, die nicht auf staatliche Hilfen angewiesen sind wie Arbeitslose, Studenten, Behinderte oder Geringverdiener und stattdessen über so viel Kapital verfügen, dass sie solch eine Entscheidung auch erkaufen können?

11 Antworten zur Frage

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Müssen Behörden nun Schadensersatz bei zu langsamer Bearbeitung leisten?

Ich glaube solange ein Schaden entstanden und die Verzögerung erheblich ist und es nur ein Verschulden der Behörden ist, da kann auch geklagt werden.
Allerdings wird es schwer nachzuweisen sein
Es gibt sicher auch Fälle, wo der Nachweis sehr leicht ist. Anfang 2006 verhinderte z.B. ein Fehler im Computerprogramm für Hartz IV eine termingerechte Auszahlung des Arbeitslosengeldes für viele Betroffenen.
Daß daurch ein Schaden entsteht, ist auch unbestritten, denn die Betroffenen müssen schließlöich trotzdem ihre Miete bezahlen und zur Not sogar einen Kredit aufnehmen, für den Zinsen als Unkosten entstehen.
Meines Wissens ist kein einziger dieser Geschädigten dafür entschädigt worden.
Jethro, ein gutes Beispiel, aber sag mir, wer von den Betroffenen hat seinen Schaden geltend gemacht? Wer nicht klagt kann auch nicht vor Gericht Recht bekommen.
Don
Hallo JethroTull.
Ich finde die Entscheidung vom BGH erst einmal gut.
Und selbstverständlich gilt sie für jedermann.
Wer das Geld dafür nicht hat, kann in unserem Rechtssystem doch Prozesskosten-Hilfe beanspruchen.
Natürlich hat unsere Bürokratie und speziell auch unser Rechtssystem Mängel.
Aber wenn Du mal in Spanien wegen einer Grundstücksangelegenheit vor Gericht gehst, dann vererbt der Dich vertretende Anwalt den Fall in der Regel seinem nachfolgenden Sohn.
Soooo schlecht sind wir trotz aller zugestandenen Mängel gar nicht.
Don
P.S. Wo bitte ist das veröffentlicht, ich möchte es gerne mal ganz nachlesen.
Wenn Du es mich wissen lassen kannst, dann.
Don
Wenn diese Entscheidung wirklich für jeden gilt, müßte nun gleich eine Flut von Klagen auf die Gerichte zukommen, denn gerade bei den Hilfsbedürftigsten, wie Arbeitslosen und Behinderten, sind solche verschleppenden Bearbeitungen praktisch der Normalfall.
Und noch schleppender wird es, wenn sie von ihrem Recht auf Prozeßkostenhilfe Gebrauch machen und den langen Weg vors Verwaltungsgericht antreten, der sich manchmal 5 Jahre oder länger hinziehen kann.
Ich bleibe dabei; Die Entscheidung gilt für jeden. Und die zu erwartende Flut von Klagen kann vielleicht helfen die lahme Bürokratie mal galoppieren zu lassen.
Und wenn wir alle, für die uns zustehenden Rechte mehr auf die Barrikaden gehen würden, dann hätten wir vielleicht eine Chance auf Bürokratie-Abbau.
Aber ich muss dafür mehr tun als nur jammern.
Ich habe es gestern abend im Videotext der ARD gelesen. Im aktuellen Videotext ist es aber schon nicht mehr drin. Heute abend suche ich noch mal bei google und gebe Dir dann den Link, wenn ich ihn finde.
Das kannst du direkt auf der Homepage des BGH nachlesen. III. Zivilsenat. Der Bundesgerichtshof - Startseite
Das Urteil habe ich jetzt gefunden, kann aber komischerweise den Link nicht hochfahren.
Aber vielleicht funktioniert es ja auch, wenn Du die folgende Adresse kopierst und eingibst:
Bundesgerichtshof
ja durch einen beschluss des Gerichts ist die nun der fall
Unabhängig von diesem Gerichtsbeschluß hat es so sogenannte Amtshaftung immer schon gegeben. Mir ist eh schleierhaft, warum es solche Gerichtsurteile nicht schon früher gegeben hat. Aber den Nachweis zu führen ist wohl außerordentlich schwer.